Reiseerlebnisse, Teneriffa

Wir mieten ein Apartment
Aufbuddeln, zubuddeln
Die Nattischlampe ist defekt
Armbruch auf Teneriffa

Wir mieten ein Apartment

Es war ein großes Wohnzimmer mit Küchenzeile, zwei Schlafzimmern und Bad. Da es längere Zeit leer gestanden hat, waren alle ebenen Flächen staubig. Das ist normal. Der erste Stuhl, auf den ich mich setzte, brach zusammen. Es stellte sich heraus, daß die Vormieter ihn nur provisorisch repariert hatten. Auf dem Fußboden war Kaugummi, an den Wohnzimmerfenstern Handabdrücke. Das Wohnzimmer hatte zwei große Schiebetüren zum Balkon, aber nur eine ließ sich verriegeln. Schnell fanden wir eine Lösung. Da sich die äußere Tür verriegeln ließ, stellten wir den Couchtisch gegen diese und suchen auf der Baustelle drei Holzreste und einen Fliesenrest. Die Konstruktion verhinderte, daß sich die innere Tür auch nur 1 mm bewegen ließ. Beim Calima klapperte die innere Tür. Mit Verpackungsmaterial sorgte ich für Ruhe. Die Gardinenstange im Wohnzimmer war schief. Die Eßbestecke klebten fast an den Fingern fest. Die Teller klebten auch. Auf den Tassen stand: Cafetería Marazul El Médano. Wir stellten fest, daß heißes Wasser und Spülmittel nichts ausrichten konnten. So weichten wir sie über Nacht in Spülmittel ein. Der Dreck war am anderen Morgen noch so fest, daß wir außer mit der Bürste noch mit den Fingernägeln nachhelfen mußten. Töpfe und Pfannen waren nur leicht verschmutzt. Schlimm sah der Herd aus. Er war wohl noch nie gereinigt worden. Die große Schnellkochplatte war defekt. Aus der anderen großen Platte hing ein Draht heraus. An den Fliesen hinter dem Herd war der Dreck bis ca. 5 cm Höhe 1 mm dick! Die Dunstabzugshaube war noch nie gereinigt worden. Wenn ich mit den Haaren dagegen kam, klebten sie fest.
Die Spüle war dick verkalkt. Im Schrank standen zwei große ovale Teller zum Panieren. Auf einem war Mehl, auf dem anderen Paniermehl, alles festgetrocknet und mit Blut verklebt. Auf einem weiteren Teller lag ein vertrockneter Donut. Wir ließen alles, so wie es war. Wir reinigten nur das, was wir brauchten, und achteten darauf, daß diese Gegenstände separat verwahrt wurden.
Die Töpfe waren für einen Gasherd. Entsprechend lange dauerte es, bis das Essen kochte. Es waren keine tiefen Teller da, und die Schöpfkelle fehlte auch.
Die Kühlgefrierkombination funktionierte.
Der Spiegel im Bad war fast blind von Schmutz. Die Deckenlampe fehlte, dafür hing eine Fassung an dem Stromkabel. Beide Besen waren schmutzig und voller Flusen, ein Besen ohne Stiel. Auf der Kehrschaufel war der Dreck festgeklebt. Der Besen mit Stiel war gewölbt und völlig ungeeignet zur Reinigung der Ecken. Entsprechend sahen diese auch aus. Zur Waschmaschine fehlte die Bedienungsanleitung. In den Fächern waren noch Waschpulver und Weichspüler. Entweder hatten die Vorgänger es nicht geschafft, die Maschine in Gang zu setzen, oder sie war defekt.
Auf dem Fußboden in einem Schlafzimmer lagen Glassplitter von einem Trinkglas.
Hier waren zwei Gardinenstangen und zwei parallele Gardinen. Irgend jemand hatte die vordere Gardine teils an der vorderen, teils an der hinteren Stange aufgehängt. Gleiches geschah mit der hinteren Gardine. So war es nicht möglich, beide Gardinen so zu verteilen, daß das Fenster gleichmäßig abgedunkelt war. Es gelang uns lediglich zu verhindern, daß uns die Straßenbeleuchtung ins Gesicht schien. Die Fensterverriegelung in beiden Schlafzimmern war defekt. Da es hier die äußeren Schiebefenster waren, mußten wir damit leben. Zum Glück war von einem Schlafzimmer ein Schlüssel da. Wir schlossen es ab und ließen den Schlüssel stecken. Am Tage würde keiner einsteigen und nachts waren wir da.
Der Fernseher gab kein Bild. Ein Blick hinter die Kulisse ergab, daß keine Antenne angeschlossen war. Es kam zwar ein Antennenkabel aus der Wand, die vorhandene Steckdose war unbenutzt. An dem Kabel war kein Stecker. Man konnte nur den blanken Draht in die Antennenbuchse des Fernsehers stecken. Auf dem Balkon hingen zwei Antennenkabel herum, die vom Dach kamen. Eines führte zum Nachbarn. Die Antenne zu dem anderen Kabel lag unmontiert auf dem Flachdach.
Als wir das Apartment übernahmen, war der Kühlschrank auf 3, der Fernseher auf standby und der Warmwasserboiler eingeschaltet, obwohl es mehrere Monate nicht vermietet gewesen war. Strom schien es hier zum Nulltarif zu geben.
Das Apartment hat uns 500,-- € /Monat gekostet, zusätzlich 30,-- € Vermittlungsgebühr. Das sind 220,-- € weniger als das nächste Angebot. Fazit: Ich habe noch nie so viel Geld mit so wenig Arbeit verdient.
Mit uns im Haus wohnten 5 Chaoten! Sie knallten mit den Türen, drehten die Musikanlage auf volle Lautstärke bei offenen Türen. Als der Nachbar sah, daß ich unsere Tür öffnete, ahnte er schon, was ich wollte. Er knallte seine Tür zu und machte die Musik ein wenig leiser. Sie war aber immer noch so laut, daß wir die Balkontür schließen mußten, weil er seine Balkontür offen hatte. Die Musik lief bis 4.00 Uhr nachts, um 7.00 Uhr ging er zur Arbeit. Die Begegnung mit der Chaotin fand im Treppenhaus statt. Noch bevor sie die Tür zuschlagen konnte, sagte ich ganz laut „Rrumms“. Sie verstand das richtig. Die zweite Begegnung war im Supermarkt an der Kasse. Nachdem die Kassiererin den Betrag genannt hatte, ging die Suche nach dem Geld los. Aus der Handtasche holte sie nach einigem Wühlen schließlich einen Briefumschlag mit Papiergeld und aus der Hosentasche eine Handvoll Münzen und einen halben Knopf. Letzteren lies sie auf dem Laufband liegen. Vielsagend sah auch die Wohnungstür der „Dame“ aus. Die Drahtglasscheibe war im unteren Bereich gesplittert und notdürftig geflickt.

Aufbuddeln, zubuddeln

Hier leben die Leute noch im Zeitalter „Aufbuddeln, Zubuddeln“. Unser Apartment liegt in einem Neubauviertel. Rund um uns wird gebaut. Die Straße wird ständig aufgerissen, es werden Rohre verlegt und zugeschüttet. Einen Tag kommen Lkws und bringen Erde, am nächsten Tag holen sie sie wieder ab. Durch den Ortsteil lief ein Barranco. Um Platz für die Straße zu gewinnen, hat man für das Wasser einen Tunnel gebaut und den Rest zugeschüttet. Nach zwei Wochen liegen rechts und links neben der Straße Rohre unter der Erde. Jetzt stellt man fest, daß ein Schacht für 2 riesige Absperrventile vergessen wurde. Also wird wieder aufgerissen. Dabei werden die verlegten Rohre zerstört. Überall liegen jetzt Stücke von Plastikrohren herum.
Nun werden rechts und links des Tunnels Rohre verlegt. Plötzlich geht am größten Bagger ein Gelenkbolzen kaputt. Es dauert 10 Tage, bis Ersatz da ist. Solange liegen die zerlegten Teile vor dem Bagger im Dreck. Den ersten Reparaturversuch erleben wir mit. Das Gelenkteil wird in Position gebracht und der Bolzen eingeschoben, so weit es geht. Dann hat einer die Idee, er geht zum Werkstattwagen und holt einen Vorschlaghammer. Als sich nach 10 gewaltigen Schlägen nichts tut, herrscht Ratlosigkeit. Jetzt darf ein anderer seine Idee ausprobieren. Er läßt einen Radlader kommen, und mit einem Brett, das er auf die Schaufel stellt, versucht er, das Gelenkteil in die richtige Stellung zu bringen, indem er dem Fahrer Zeichen gibt und selbst durch das Loch, durch welches der Gelenkbolzen muß, peilt. Und siehe da, nach einer Weile läßt sich der Bolzen mit 3 leichten Schlägen in die Öffnung treiben.
Als ich nach einer Weile wieder hinsehe, hat man alles wieder auseinandergebaut. Aber am nächsten Tag, als wir von unserem Ausflug zurückkommen, arbeitet der Bagger wieder. Jeden Abend wird die Baustelle glatt geschoben, und die Gräben werden abgesperrt, so daß die Anwohner ihre Pkws parken können. Dreimal haben wir kurzzeitig kein Wasser, dann wurde bei den Baggerarbeiten die Leitung beschädigt. Als alle Rohre verlegt sind, wird alles glatt geschoben, und wir haben 2 Tage Ruhe. Dann beginnen sie, Schächte auszuheben, von denen aus die Kabel in die Rohre eingezogen werden. Die Anschlußstellen hatten sie nämlich auch zugeschoben. Dabei müssen sie ein Elektrokabel beschädigt haben, denn wir sind einige Stunden ohne Strom. Lkws bringen Erde, und ein Bagger macht aus dem großen Haufen viele kleine. Der Fahrer des Radladers sieht zu.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann buddeln sie noch heute.

Die Nachttischlampe ist defekt

In Santa Cruz wohnten wir ganz zentral in einer Pension. Die beste Beleuchtung im Zimmer war die Nachttischlampe. Wir stellten sie in die Mitte eines kleinen Schreibtisches und hatten beide gutes Licht zum Schreiben. Wir halten die Tagesereignisse gleich ausformuliert fest. Stichworte genügen uns nicht. Nach einigen Tagen hörten wir ein schmorendes Geräusch im Schalter. Da der Schalter nicht verschraubt war, so daß ich ihn öffnen und auch wieder schließen konnte, wollte ich daran nicht selbst nach dem Fehler suchen. Ich nahm die Lampe und ging zu den Eigentümern. „Die Lampe hat einen defekt im Schalter, sie brennt nicht ständig.“ „Das ist die Birne,“ sagte der Inhaber. „Das ist nicht die Birne, ich verstehe etwas von der Materie“, entgegnete ich bestimmt. Er gab mir mit der Hand ein Zeichen, mich zu gedulden, schraubte die Birne heraus, holte eine Birne aus einer anderen Lampe und schraubte sie ein. Zum Glück brannte die Birne nicht. Jetzt probierte er es an dem Kabel, das in den Schalter führte. Nach einigem Wackeln brannte die Birne. Er zog die Lampe aus der Steckdose und gab sie mir mit der Bemerkung: „Sie brennt.“ „Ja, jetzt brennt sie. Wenn ich oben auf dem Zimmer bin, brennt sie nicht mehr. Am Montag arbeiten die Handwerker wieder. Bitte, lassen Sie die Lampe reparieren.“ Jetzt wurde die Inhaberin aktiv. Sie ging ins Vorratslager, um nach einer anderen Lampe zu suchen. Hier sah ich eine ganze Lkwladung Toilettenpapier. Bei dieser kleinen Pension reicht das für Jahre. Außer Reinigungsgerät und Reinigungsmitteln war nicht viel mehr da. Ich ging nach oben auf das Zimmer. Nach etwa 5 Minuten klingelte es an der Tür. Die Inhaberin brachte uns eine Lampe. Da nicht alle Zimmer vermietet waren, brachte sie uns eine aus einem freien Zimmer.

Vieles erinnert hier an ein Entwicklungsland: Wannen und Waschbeckenabflüsse haben keinen Geruchsverschluß, die Verarbeitung von Stahlbeton ist oft eine riesige Schlamperei (Zaun der Siedlung Romántica, Mercado TenBel, die Treppen des Parques Taoro sind schon so ausgebröselt, daß sie gesperrt werden müßten)

Armbruch auf Teneriffa

Dieser Bericht soll dazu beitragen, die Angst vor ausländischen Ärzten und Krankenhäusern zu nehmen.
2002 hatte sich Helga in der Dominikanischen Republik den linken Oberarm gebrochen. Nachzulesen unter
www.domrep40.de Reiseerlebnisse „Armbruch in der Wildnis“.
2008 war unser erster Aufenthalt auf Teneriffa. Unser Hausarzt hatte uns gesagt, die medizinische Versorgung in Spanien sei O.K. Schon am 5.Tag unseres Aufenthaltes, auf der Wanderung von Cruz del Carmen nach Punta del Hidalgo, ca. 1 km vor Las Carboneras, rutschte Helga etwas. Sie machte eine Ausgleichsbewegung mit dem Arm und schlug dabei an einen Felsen. „Scheiße“, sagte ich, als ich ihren Unterarm sah. Sie kapierte gar nicht, was passiert war, und fand meine Reaktion übertrieben. Vom Gefühl her meinte sie, es würde wohl einen Bluterguß geben. Erst als sie ihren Arm sah, erkannte sie den Ernst der Lage. Ich half ihr, sich zu setzen, während sie mit der linken Hand die rechte festhielt. Sie hatte keine Schmerzen. Eine Wandergruppe kam vorbei. Als die Leute sahen, was passiert war, verschwanden sie schnell wieder. (Unterlassene Hilfeleistung!) Ein spanischer Wanderer bot seine Hilfe an. Zuerst wollte er den Hubschrauber rufen. Ich lehnte ab, weil die Versicherungen einen solchen Einsatz für solch einen Unfall nicht bezahlen. Die zahlen nur, wenn man selbst am Transport nicht mitwirken kann! Ich bat ihn, mir zu helfen, einen weiteren Stock zu finden. Es dauerte nicht lange, und er brachte ihn. Inzwischen hatte ich mit den Beinen von Helgas Trekkinghose den Arm abgepolstert. Mit einer Elastikbinde fixierte ich drei Stöcke, und dann ging es ganz vorsichtig abwärts zur Straße. Wir versuchten, die vorbeifahrenden Autos zu stoppen. Sie hielten bereitwillig an, hatten aber nicht das gewünschte Ziel. Nach etwa 25 Minuten bekamen wir eine Mitfahrgelegenheit nach La Laguna. Die Dame kannte sich aus und setzte uns vor dem Centro de Salud ab. Sie war so schnell verschwunden, daß ich mich nicht einmal bedanken konnte. Hier erfuhren wir, daß samstags das Röntgengerät nicht besetzt ist. Man schickte uns ins Universitätskrankenhaus. Die Tranvía hat dort eine Haltestelle. Die Mitreisenden sagten uns, daß wir zur „Urgencia“ müßten, und paßten auf, daß wir richtig ausstiegen, denn es war unsere erste Fahrt mit der Tranvía. Wir hatten ca. 400 m zu gehen. In dieser Zeit kamen mindestens zwei Rettungswagen an. Es herrschte Hochbetrieb. Ständig kamen weitere Fahrzeuge. Die Mitarbeiterin am Empfang schickte uns zur Verwaltung. Die deutschen Versichertenkarten können dort nicht gelesen werden, also mußten wir einen Fragebogen ausfüllen, und der Reisepaß wurde fotokopiert. Danach mußte Helga in einen Wartesaal zu den anderen Patienten und ich in einen anderen für Angehörige. Hier saßen mindestens 40 Personen. Ein Fernseher lief. Laufend kamen Durchsagen. Es war ein ständiges Kommen und Gehen. Ich sah, wie viele Notfallpatienten hereingefahren wurden. 
Nach ca. einer Stunde kam Helga dran. Eine junge Ärztin holte sie, nahm ihr den Verband ab, steckte das Material zum Mitnehmen in eine Plastiktüte und legte den Arm in eine Trage. Sie war von meiner Notversorgung begeistert. Ein Helfer führte Helga zum Röntgen und wieder in den Wartesaal. Nach einer Weile kam eine ganz junge Chirurgin im grünen Kittel und stellte sich als Doctora Patricia vor. Sie nahm Helga mit in einen Behandlungsraum. 
Nach ca. 11/2 Stunden kam der Aufruf „La familia de Elga“. Den Nachnamen „Fischer“ können Spanier nicht aussprechen, auch nicht das H. Ich wußte sofort, daß ich gemeint war, denn die Durchsage war anders als sonst. Man brachte mich in das Behandlungszimmer. Als Helga mich der Ärztin vorstellte, meinte sie: “Ach, das ist derjenige, der den Bruch so gut versorgt hat.“ (Also hatte die Kollegin sie informiert.) Sie sagte, ich könne Helga nun während der gesamten Behandlung begleiten. Nur wenn sie den Bruch richtet, müßte ich noch einmal den Raum verlassen. Wir hätten übrigens immer beisammen bleiben können,  wenn wir gesagt hätten, Helgas Spanisch sei nicht so perfekt, ich müßte bei der Verständigung helfen. 
Nun erklärte uns Patricia, die die Röntgenaufnahmen schon begutachtet hatte, daß die Sache etwas kompliziert sei. Aus der Speiche seien vier Stücke herausgebrochen und hätten sich übereinander geschoben. Sie würde den Bruch jetzt richten. Sie sagte, daß es noch andere Möglichkeiten gäbe, aber  aus den und den Gründen würde sie diese Art wählen. Wir kamen uns vor, wie im Lehrsaal für Medizin. Sie erklärte jeden Schritt. Wichtig war mir nur, daß die Schmerzen für Helga erträglich sein würden. Die Ärztin spritzte in drei Etappen ein Betäubungsmittel in die Oberseite des Handgelenks und versicherte, daß Helga keine Schmerzen fühlen würde. Dann befestigte sie an jedem Finger eine lange Mullbinde, die sie hinter ihrem Rücken verknotete, um die Hände frei zu haben. Als alle Vorbereitungen getroffen waren, holte sie noch eine Pflegerin, die mit Hilfe eines zu einem Schal gefalteten Tuches Helgas Oberarm festhalten mußte. Mich schickte sie hinaus. Helga beschrieb mir hinterher, was sich abgespielt hatte. Die beiden Frauen zogen mit aller Macht den Bruch auseinander, dabei  bog die Ärztin das Handgelenk mehrmals nach oben und nach unten. Helga dachte: „Was macht sie denn da, der Arm ist doch schon kaputt?!“ Nach dem ersten Durchgang fühlte Patricia den Bruch und meinte: „Der Arm sieht doch schon wieder ganz gut aus.“ Diese Prozedur wiederholte sie noch zweimal. Dann war sie zufrieden. Bevor der Zug gelockert wurde, wurde der Unterarm mit einer Plastikhülle stabilisiert und anschließend noch einmal geröntgt. Ich durfte wieder zu Helga. Patricia war sehr unsicher, ob es besser sei, den Bruch zu nageln, oder ob sie es riskieren sollte, ihn nur bis über den Ellbogen zu gipsen. Sie erklärte uns die Risiken und entschloß sich, doch besser ihren Chef zu Rate zu ziehen.  Der entschied: „ Nageln.“ Patricia erklärte noch, daß das Nageln ohne Schnitt erfolgen würde. 
Es waren ca. 4 Stunden vergangen. Jetzt mußte Helga auf die Operation (Nageln des Bruches) warten. Da hierfür eine Vollnarkose notwendig war, durfte sie nichts essen und kam an den Tropf. Alle Vorbereitungen für die OP wurden getroffen. Sie wurde, in warme Wolldecken gehüllt, auf einer Liege auf dem Gang praktisch in ständiger Operationsbereitschaft gehalten. Da die dringenden OPs vorgezogen wurden, war völlig unsicher, wann sie an der Reihe war. Ich wartete noch bis 18.00 Uhr, mein Hunger war riesengroß, dann fuhr ich zurück nach La Laguna, um noch etwas einzukaufen, und ging ins Hotel. Etwa um Mitternacht kam eine Pflegerin und bot Helga Milchkaffee an. Man hätte vom OP angerufen, sie sollten ihr etwas zu essen geben, sie könne erst am nächsten Morgen operiert werden. Helga zog je ein Näpfchen Birnen- und Apfelmus dem Kaffee vor. 
Bis zum anderen Morgen kam kein Anruf, so fuhr ich wieder in die Uniklinik. Helga war noch nicht dran gewesen, und man vertröstete uns immer wieder. Schließlich erlaubte sie sich einen Scherz und fragte einen Pfleger: „Arbeiten die Ärzte im OP überhaupt?“ Der verstand den Spaß zuerst nicht. Deshalb fügte sie an:“ Na, ich meine, weil doch heute Sonntag ist.“ Jetzt lachte er und nahm dies zum Anlaß, im OP anzufragen, wann Helga denn nun endlich an der Reihe sei. Da ich nichts für sie tun konnte, nutzte ich die Gelegenheit, dem nahegelegenen Museo Ciencia y el Cosmo einen Besuch abzustatten. Interessant war, die Darstellung der Geschichte der Raketenentwicklung mal aus einer neutralen Position zu sehen.
Als ich 12.00 Uhr wieder in die Klinik kam, durfte ich nicht zu Helga, da sie auf die Operation vorbereitet wurde. Gegen 14.30 wurden mehrere Personen aufgerufen, auch ich. Um viele Ecken und eine Etage tiefer wurden wir in den Aufwachraum geschickt. Davor war wieder Warten angesagt. Plötzlich öffnete sich eine Tür, und alle gingen, sich die Hände zu waschen. Ich verstand den Zweck nicht, denn ich wollte nicht in den OP. Für mich war keine Seife mehr da. Das ganze war ein Witz. Endlich durfte ich zu Helga. Sie war gerade beim Aufwachen. „Mein Schatz, Du bist jetzt operiert“, sagte ich. „Nein, ich bin nicht operiert, aber es geht gleich los, sie haben die Vorbereitungen getroffen“, antwortete sie. Ich ging zu einem Pfleger und fragte ihn, ob sie operiert sei. Er ging mit mir zum Fußende des Bettes, nahm die Krankenakte aus dem Fach, sah hinein und bestätigte, daß die Operation erfolgt war. Es war lustig zu erleben, wie Helga langsam zu sich kam. Sie untersuchte ihren Arm und stellte fest, daß sie einen neuen Gipsverband hatte. Es war ein herkömmlicher Gips mit einem Spalt an der Unterseite des Armes, um eventuell eintretenden Schwellungen Platz zu lassen. Es war eine ganz moderne Narkose, es gab keine Nachwirkungen. Wir erhielten noch ein Rezept für zwei Schmerzmittel und die Aufforderung, mit der Traumatologie einen Termin für die Nachkontrolle zu vereinbaren.
Wir baten unseren Vermieter, das Telefonat für uns zu führen, und hörten mit. Er mühte sich ab, schien aber immer unwillige Leute am Telefon zu haben, die sich belästigt fühlten und ihn abwimmelten. Also fuhren wir selber hin. Hier klappte es problemlos. Nach einer Woche erhielt Helga eine leichte, geschlossene Kunststoffschale und die Aufforderung, am 10.3. wiederzukommen. Man bot uns noch eine Flugfähigkeitsbescheinigung für die Airline an, aber wir lehnten ab. Wir fühlten uns so gut betreut, daß wir keine Notwendigkeit sahen, nach Hause zu fahren. 
Fünf Wochen später, am 10.3., lief alles nach einem vorher festgelegten Plan ab. Zuerst nahm ein Pfleger den Gips ab, dann gingen wir zum Röntgen, und erst jetzt sahen wir die Ärztin. Die Röntgenaufnahmen hatte sie schon auf dem Bildschirm. Hier läuft alles nur noch per Computer. Wir durften die Aufnahmen ansehen. Der Bruch war gut verheilt, und die Nägel konnten gezogen werden. Zu unserem Erstaunen nahm der Pfleger eine sterile Kombizange, versorgte die Einstichstellen mit reichlich Desinfektionsmittel, drehte ein wenig an den Nägeln und zog sie ganz leicht heraus. Helga spürte fast nichts. Die beiden langen Nägel bekam sie als Souvenir mit. Die Löcher wurden steril abgedeckt, Helga durfte drei Tage nicht duschen und mußte sich danach noch einmal in einem Centro de Salud zum Entfernen des Verbandes vorstellen. Damit war die Behandlung abgeschlossen. In der Klinik hatten wir noch um die Röntgenaufnahmen gebeten. Völlig problemlos erhielten wir eine CD. Damit jeder Arzt damit etwas anfangen konnte, hatten sie die Software gleich mit daraufgebrannt. Helga hatte noch die Anweisung bekommen, den Arm nicht voll zu belasten. 
Zu Hause ging sie mit der Röntgenaufnahme zu ihrem Orthopäden. Der war ganz begeistert von dieser Methode. „Hier hätte man das Problem anders gelöst. Aber das ist ja ganz großartig!“ Sie brauchte keine Therapie, nach kurzer Zeit war der Arm voll beweglich und belastbar – rechtzeitig zum Beginn der Gartenarbeit. 

Gegenbeispiel hierzu aus Kiel: Eine Bekannte hatte einen ähnlichen Bruch. Hier wurde alles im Rahmen einer aufwendigen Operation mit einer Platte verschraubt, die nach einem halben Jahr  durch einen zweite aufwendige Operation entfernt werden mußte, weil sie einen  Nerv einklemmte und einige Finger taub wurden. Alles im Sinne der Ärzte.